Geologisches Gutachten

 über

die Erzlagerstätten im Gebiet der Gemeinde Tinzen

(Oberhalbstein Graubünden)

 von

 Prof. Dr. Chr. Tarnuzzer, Chur

und

Dr. Paul Arbenz, Privatdozent der Geologie, Zürich

Dezember 1913

 

Inhaltsverzeichnis

  I      Historisches über den Bergbau von Tinzen.                                                       
 II      Geologische Verhältnisse des Gebietes.                                                           
III      Beschreibung der einzelnen Lagerstätten.                                                          
         1.   Manganerzgruben bei Parsettens (Alp d’Err).                                              
               Übrige Manganerzfunde in der Val d’Err.                                                     
         2.   Manganerzvorkommnisse unter der Falotta bei Roffna.                              
         3.   Manganerzfunde unterhalb der Alp digl Plaz                                                 
         4.
   Beziehungen zwischen den Manganerzlagern unter der
               Falotta und in der Val d’Err.                                                                          
         5.
  Alte Pyrit- und Kupfergrube auf der Tinzer Ochsenalp
              (Colm da Bovs).                                                                                          
IV      Bemerkungen über die chemische Zusammensetzung und die
          Verwendbarkeit des Manganerzes im Oberhalbstein.                                        
V      Anhang.                                                                                                           
         1.   Der Manganerzmarkt.                                                                                 
         2.   Lagerstätten von ähnlichem Charakter.                                                         
VI      Literatur.                                                                                                          



I. Historisches über den Bergbau von Tinzen

         Die erste Kunde von Bergbau bei Tinzen im Oberhalbstein im einstigen Gebiet des Hochstifts Chur stammt aus dem Jahre 1338; damals schloss die Familie von Marmels unter sich einen Vertrag über den Betrieb der dortigen Eisenwerke ab, die wohl schon lange bestanden haben mochten. 1349 bestätigte König Karl IV von Dresden aus dem Bischof Ulrich und der Kirche zu Chur alle Freiheiten und Rechtsame der früheren Kaiser und Könige und überliess ihr, während in früheren Belehnungsurkunden von Erzen und Erzgruben nie die Rede war, alle Metalle im Gebiete. Pl. Plattner vermutete darum, dass der Bergbau im bischöflichen Gebiet von Chur um die Mitte des 14.Jahrhunderts und insbesondere die Bergwerke im Oberhalbstein für die bischöfliche Kammer Bedeutung erlangt hatten. Leider ist in den bisher bekannten Akten und der Literatur durch Jahrhunderte nichts mehr über den Bergbau auf Territorium der Gemeinde Tinzen zu erfahren. Im Jahre 1606 erkundigte sich Bergrichter Chr. Gadmer in Davos über die Erzgruben von Mons, Salux und Val Nandró, aber Tinzen ist dabei nicht genannt. Nach Sererhard wurden Erze aus dem Oberhalbstein oder Schams nach der seit 1739 bestehenden Eisenschmelze Sils i.D. verbracht und hier zu Eisen geschmolzen, aber in seinen Angaben über Tinzen steht kein Wort von dortigen Bergwerken. Bundesstatthalter J.A. von Peterelli nennt 1806 die Gebirge von Tinzen, Sur und Marmels erzreich und fügt für Tinzen noch bei: „Von einem Kupferbergwerk sind auf der Tinzener Ochsenberge ganz ob Holz, Spuren dreier Öfen vorhanden. Von wem diese Bergwerke betrieben wurden, weiss man so wenig als wann und warum sie eingegangen sind.“ Roeder und Tscharner berichten 1838, dass seit 30 Jahren eine Gewerkschaft das Erzgebirge in Ferrera mit Erfolg ausbeute, während dem die Oberhalbsteiner Erze zwar nicht unbeachtet, aber niemals genügend bebaut worden seien.

         In den uns zugänglichen spärlichen Akten, für deren Vermittlung wir Herrn Dr. A. Grisch in Zürich zu vielem Dank verpflichtet sind, befinden sich Materialien über den Bergbau von Tinzen erst vom Jahr 1819 an. Wir erfahren aus ihnen, aber nur im allgemeinen, auf welche Erze man schürfte, gewinnen aber keine Anhaltspunkte über Erträgnisse und Fachliches überhaupt; die Akten sind Pachtverträge über die Minen, Wald und Terrainverkäufe, Vervollständigungen zu Paragraphen in den Kontrakten etc. Auf Grund dieser Original- und Abschriften, sowie unter Zuhülfenahme der Literatur über den Bergbau in Graubünden kann nur ein sehr lückenhaftes Bild von den bergbaulichen Versuchen und Unternehmungen auf dem Territorium der Gemeinde Tinzen gegeben werden.

         Im Jahre 1804 hatte sich auf Veranlassung von Landamann Demenga von Misox, eines Negozianten in Ilanz und phantastischen Kopfes, die Gewerkschaft von Tiefenkasten gebildet, die gleichen Jahres in Chur sich als Bergbaugesellschaft von Tiefenkasten konstituierte und in Reichenau 1808 etablierte. Nach vielen Schürfarbeiten in den verschiedensten Gegenden des Kantons beschränkte sich die Gesellschaft auf die bergbauliche Tätigkeit im Oberland (Obersaxen, Ruis, Andest) und Schams, weil diese Gruben die günstigsten Aussichten darboten; dass während der Dauer der Gesellschaft von 1804-1812 in Tinzen etwas getan worden wäre, ist positiv nicht bekannt. Sehr prekär waren natürlich ihre Erfolge auf angeblich goldhaltigen Eisen- und Kupferkies in Serpentinen oberhalb Tiefenkastels; hier wurde, wie C. Ulysses von Salis-Marschlins im „Neuen Sammler“ 1806 bezeugt, seit einigen Jahren nach Erz gegraben. 1818 bildet sich die meist aus Oberländer Herren bestehende Bündnergesellschaft, die hauptsächlich die Erze auf Puntaiglas bei Truns ausbeutete. Der abenteuerliche Demenga und Staffoni von Brescia waren die Leiter des Unternehmens, Oberbergmeister der Berg-Offizier und Praktikant Karg von Bregenz, später der Neffe Demangs. Im Jahre 1825 betrieb der geschulte und praktisch gebildete Bergmann H. Schopfer von St.Gallen bei Ruis eine Vitriolhütte, für welche er die dortigen Kupfererze benutzte. Auch diese Gesellschaft erlag nach einige Jahren den ungeheuren Verlusten (1826).

         Während dieser Periode, am 8. August 1819, kam der Pachtvertrag zwischen der Gemeinde Tinzen (Amtsmann Joh. Otto Spinas) und der Bergbaugesellschaft (Bergbaudirektor J. Karl Dauwitz von Bludenz) über die Erzlager von Tinzen zu Stande. Darnach verkauft die Gemeinde das auf dem gewesenen Schwefelwerk befindliche neu erbaute Wohnhaus nebst Schwefelhütte und die beim Schwefel- und Kupferkieslager (Ochsenalp) stehende Knappenhütte, alle Kiesvorräte etc. um 500 Gulden bünd. Währ. Tinzen überlässt der Gesellschaft den in L’Avagna befindliche „Schwefel- und Kupferkiesstand“ und lässt sie auf alle auf Gemeindegebiet vorkommenden mineralischen Gegenstände schürfen und abbauen, mit Ausnahme der Eisenerze (gemeint sind jedenfalls die Manganerze), „weil schon verpachtet sind.“ Der Konzessionär erhält während 30 Jahren alles nötige Bauholz, Baumaterial etc. aus dem Wald Plazteing, für welchen die genauen Grenzen angegeben werden. Der Pachtzins beträgt für die ersten 15 Jahre je 150, für den Rest (15-30 Jahre) 200 Gulden. Festgesetzt sind die freie Benutzung der Wege und Strassen, das Rechtsdomizil (in Tinzen), die freie Ausfuhr der Produkte, Berücksichtigung der Einheimischen als Arbeiter, sofern sie sich dafür eignen, gleiche Rechtsbedingungen bei Verkauf der Konzession, die Gewährung des Rechtschutzes durch die Gemeinde, die Verantwortlichkeit der Gesellschaft für Kriminalverbrechen ihrer Arbeiter und Angestellten etc. Über die Ausrichtung der Verkaufsgelder und jährlichen Konzessionsbeträge finden sich Quittungen von 1819-1825 zusammen für mehr als 1660 Gulden vor (unterzeichnet von J.O. Spinas).

         Seit dem Jahre 1826 nahm eine französische Gesellschaft (erst Lavrat & Co. in Paris) die Bergwerke im Bündner Oberland etc. in Betrieb, auch teilweise die Gruben von Tinzen. Der Handel um das Tinzener Werk kam noch gleichen Jahres zu Stande. Am 31.März 1826 unterzeichneten Amtsmann Mauriz. Dosch und J.C. Dautwitz, Direktor der Vitriolwerke, einen Baukontrakt, nach welchem ein Jahr lang unentgeltlich auf Gemeindeterritorium Eisen (wohl Manganerz) geschürft werden dürfe. Bei Abbauwürdigkeit der Eisensteine soll nach dem Probejahr für 50 Jahre lang Jährlich 40 Gulden Pacht gezahlt werden, welche Summe, zu 5% kapitalisiert, nach dem Probejahr in 800 Gulden bar auszubezahlen ist. die Gesellschaft erhält das nötige Bauholz für die Grubenhütten, Grubenzimmerung etc. in den nächstliegenden Wäldern zu billigen Preisen, wenn sie nicht selbst in der Nähe Wald besitzt, ebenso die freie Benutzung von Baumaterialien, des Wassers, des Gemeindebodens für Werkanlagen, die Benutzung der Strassen und Wege, das Zugeständnis der Anlage neuer Kommunikationsmittel u.s.w. Die Gemeinde hält das Personal der Bergbauten allen Gemeindebürgern in Zivil- und geistlichen Sachen gleich. Sie bedingt sich aus, Eisen zu Wegreifen, Schmiedezwecken und dgl. zu billigem Preise (1 Krinne grobes Eisen zu 12 Kr.), aber nur zu eigenem Gebrauch, von der Gesellschaft zu erhalten. Am 19.November 1826 wurde zwischen den gleichen Amtsstellen ein Kontrakt geschlossen, worin vom Verkauf von Wiesland auf Pro la Veia für die Anlage von Eisenhütten-Gebäuden, Weiderechten und dgl. gesprochen wird. In diesem Vertrage wurde festgelegt, dass die Gemeinde, falls die Gesellschaft nach 50 Pachtjahren aus Mangel an Brennmaterial keine neuen Verträge mehr abschliessen könnte und ihr Eisenhüttwerk zu verkaufen genötigt wäre, das erste Kaufrecht haben sollte. Eine Urkunde vom 2.Juni 1827 enthält die Bescheinigung über die erhaltenen 800 Gulden bündn. Währung für die Konzession der Eisenlager. Ein Artikel des Vertrages wurde bei dieser Gelegenheit dahin erweitert, dass auch die übrigen Eisengattungen den Gemeindeangehörigen von Tinzen um 2 Kreuzer billiger als im freien Verkauf abgegeben würden, nachdem die Eisenwerke in Betrieb gekommen seien. In einem Waldkauf- und Pachtkontrakt vom 24.Februar des gleichen Jahres (unterschrieben von Bergwerksdirektor Dautwitz) wird nochmals erklärt, die Gemeinde überlasse der Bergwerksgesellschaft „alle Schwefel-, Kupferkies- und andere mit vorkommenden Erze“ auf 50 Jahre zur beliebigen Benutzung. Für Waldungen und Erze zahlt die Gesellschaft auf den nächsten Churer Markt 2200 Gulden in bar. Die Gesellschaft verpflichtet sich, zuerst auf der Ochsenalp bis zum Weg nach Spegna das Holz (ausgenommen Bauholz) strichweise zu schlagen und diesen Wald zuerst für ihre Zwecke zu benutzen.

         Die französisch Gesellschaft wirtschaftete in Bünden kläglich; die Direktion wechselte des öftern, Unkenntnis, Leichtsinn und Übermut feierten ihre Triumphe, und Streitigkeiten und Prozesse folgten sich. Wie beispiellos traurig es um die Leiter der Bergwerke im Oberland, Oberhalbstein etc. bestellt war, geht unter anderem daraus hervor, dass der an der École politechnique in Paris gebildete und von her berufene Quettel, dem Bericht des Bergmannes Schopfer von St.Gallen zufolge, aus der ganzen Sammlung von Bündnererzen des letzteren den Allophan aus der Tinzener Ochsenalp, ein fast schwammig leichtes, blaugrünes, aus Thonerde, Kieselsäure und Wasser bestehendes, zum Kaolinit gehörendes Mineral, als das beste der gesehenen Bündnererze erklärte! Quettel analysierte nach Schopfer den Braunstein (Manganerz) von Tinzen und fand darin zuerst 6, dann 60% Eisen; aus diesem Erz wollten die Franzosen durchaus und mit einem ungeheuren Kostenaufwand und Kohlenverbrauch Eisen gewinnen. Schopfer erwähnt in seinem geognostischen und hüttenmännischen Beschreibungen der Erzfundstätten in Graubünden 1825 die Kupfererze von Tinzen, und in einem ohne Datum und Unterschrift gebliebenen Originalentwurf eines Vorschlages, der sich unter den Tinzener Akten befindet, wird der Vitriol-, Alaun- und Kupferbergwerke, sowie der Eisensteine auf Gebiet der Gemeinde Tinzen Erwähnung getan. In der Schopfer’schen Erzkarte von Graubünden 1835 stehen die Erze von Tinzen genauer verzeichnet. Im Talgrunde des Dorfes (Windegg) stehen die Ruinen eines Eisenschmelzwerkes, und in der Gegend, wo über dem Brücklein des Errbaches die Wege in die Tinzener Ochsenalp und das Errtal sich teilen, deutet eine rotbraune Schutthalde dicht am Wasser den letzten Rest einer Schmelze für Erze der Ochsenalp an. Um die Mitte der zwanziger Jahre entstand das Eisenwerk Am Stein (Flix an der Julia, unter Salux), für welches ein Kaufvertrag zwischen der Gemeinde Salux und der Bergbaugesellschaft über den Wald God da Flex von 1825/26 Zeugnis ablegt. Nach der Volksüberlieferung wäre für jeden Stamm dieses grossen, für das Klima des Tales so überaus wichtigen Waldes nur 1 Bluzger bezahlt worden! Für dieses Eisenwerk werden die Erze zum grössten Teil aus der Alp Schmorras und von Ziteigl, daneben auch von Sur und aus der Val d’Err bezogen; seine „Blüte“ fiel in die Jahre 1835-40. Als Unternehmer nannte man uns in Salux einen Grafen Limburg-Sterum, als dessen Geschäftsführer und wahrscheinlich Mitteilhaber Kozuszek. Die damalige Bergbaugesellschaft besass auch die Eisenschmelze Bellaluna im Albulatale. Für Tinzen ist in der aus dieser Zeit vorhandenen Akten nur ganz unbedeutendes zu erfahren. Ein italienisch abgefasster Vertrag zwischen der Gemeinde Tinzen und der Gesellschaft M. Bauer & Co. in Chur aus dem Jahre 1831 handelte vom Verkauf des Waldes La Tscheppa zum Preise von 400 Gulden Churer Währ. und mit dem Recht der Ausnutzung auf 5 Jahre, wobei die Einwohner beim Schlagen des Holzes bevorzugt und nach dem Ansatz eines Minimallohnes per Holzklafter Zurichtung gelöhnt werden soll. Die Gemeinde erlaubt der Gesellschaft, Holz aus den Savogniner Waldungen durch den Tscheppawald zu führen. In diesem Schriftstück ist auch erwähnt, dass die Gesellschaft das Eisen zu den Schlitten am Bach zu liefern habe. Im Jahre 1837 bescheinigt Jak. Dosch von Tinzen Eisenlieferungen des Eisenwerkes Am Stein an die Gemeinde (mit Angabe der Preise), Reparaturen von Glockenzapfen und gegossene messingenen Gegenständen. Die letzten uns zugänglichen Tinzener Akten aus dem Jahre 1845 verbreiten sich über Frachtansätze der für die Werkverwaltung Am Stein (Direktion Kozuszek) zu liefernden Kohlenfuhren, über Schadenersatz an Tinzen für Holztransporte aus Savogniner Gebiet durch den Tinzener Wald.

         Unterdessen hatte die französische Bergwerksgesellschaft in Bünden derart gewirtschaftet, geschwindelt und Konkurse erlitten, dass der Verfall nicht mehr aufzuhalten war. Sie fiel anfangs der 40er Jahre auseinander; ein Teil derselben hatte sich in Reichenau zuletzt einzig auf den Holzhandel verlegt und schändete die Wälder in verschiedenen Gegenden des Kantons. Während und nach dieser Zeit erfolgten Veräusserungen und Vergebungen von einzelnen der Unternehmungen, so auch die Gründung des erwähnten Eisenwerkes und der Werkverwaltung Am Stein. Die dortige Eisenschmelze wurde 1847 durch Brandstiftung zerstört, nachdem der Betrieb schon eingestellt worden war. In Salux stellt man diesen traurigen Ausgang so dar, dass der Verwalter Kozuszek selber das Werk in Brand gesteckt habe, worauf er sich aus dem Staube machte. Eine Hammerschmiede in Flex unter Salux war alles, was an dieser Stelle bis gegen Ende der 70er Jahre noch betrieben wurde.

         Leider ist uns aus dem Archiv von Tinzen nichts von Grubenplänen, Produktionsmengen der Erze, Hüttenrechnungen etc. bekannt geworden. Die Manganerzlager der Gemeinde aber wurden zeitweise noch in den 50-80er Jahren des laufenden Jahrhunderts ausgebeutet. Am 31.März 1862 wurde zwischen Tinzen und G.G. Fink abgemacht, dass die Verträge der Gemeinde von 1826/27 annulliert seien und Fink gegen die Verkaufssumme von 2500 Fr. für die Weide La Veia und die Wiesen Sott Rona (Roffna) eingeräumt werde, auf deren Gebiet für 14 Jahre lang nach Mineralien zu graben. Das ist die letzte Äusserung der vorhandenen Tinzer Akten über den Bergbau in der Gegend. Aber noch mehrmals wurden in den 50-80er Jahren vereinzelte Versuche des Abbaus der Manganerze entweder in der Val d’Err oder in der Sturztrümmergegend unter der Alp digl Plaz von Roffna und hoch oben im Anstehenden unter der Falotta gemacht. Noch in den 80er Jahren führte man Manganerze von Parsettens in der Alp d’Err, wie sich viele Leute in Tinzen zu erinnern vermögen, im Winter auf Schlitten zu Tal.

         Am längsten hielt die Ausbeutung der aus der Falottagegend stammenden Manganerzblöcke auf dem Sturztrümmerboden unter Alp digl Plaz an; von hier waren noch Proben an der Weltausstellung in Paris 1889 ausgestellt, worauf, wie wir aus mündlichen Mitteilungen des ca. 1900 verstorbenen Posthalters Luz. Poltéra in Roffna wissen, ein Mr. Jeune in Paris mit der Alpgenossenschaft Plaz einen Vertrag schloss und durch eine Basler Firma angeblich 20'000 kg des Erzes bestellte; der jährliche Pachtzins war auf über 200 Fr. angesetzt. In der Folge zerschlugen sich jedoch die Verhandlungen, und seit 1892 erfolgten von Tinzen keine Erzsendungen mehr. Die gelieferten Manganerze wurden hauptsächlich zum Härten des Eisens verwendet. Im Jahre 1892 gingen  noch 200 Zentner Manganerz vom Trümmerplateau unter der Alp digl Plaz in die Glashütte Au im St.Galler Rheintale zu Glasurarbeiten ab. Das Erz wurde auf Schlitten zu Tal befördert. Dieser Transport kommt der letzten Ausbeutung von Erzen in Graubünden gleich. Das Manganerz von Tinzen figuriert auch noch in der Erzkollektion des Kantons an der Weltausstellung von 1900. Auch über die letzte Periode der Erzausbeutung konnte aus dem Archiv von Tinzen nichts erhoben werden.
 

II. Geologische Verhältnisse des Gebietes

         Die Gebirge von Tinzen gehören nach der heutigen Betrachtungsweise 2 grossen Deckenkomplexen, der lepontinischen (inneralpinen) und der ostalpinen Decke an, deren Massen sich bei der Alpenstauung an und über einander hinbewegten. Teilstücke der ersten grossen tektonischen Einheit im Gebiete sind die Masse grauer Bündnerschiefer im Tal der Julia vom Conterser Stein bis über Roffna hinauf, die als tiefere Serie den Schiefern der Lenzerheide und des Prätigaus entsprechen, sodann die gewaltigen Komplexe der bunten Schiefer mit oder ohne Einschaltungen und Intrusionen von Serpentin, Diorit, Spilit und Diabas und die grauen Kalk- und Thonschiefer der rhätischen Decke, welche die oberste Serie des lepontinischen Deckensystems darstellt. Die Gesteine der rhätischen Decke (Lias und Jura überhaupt) setzen einen grossen Komplex der höheren Schieferseiten des vorderen Oberhalbsteins und fast den ganzen oberen Talteil zusammen. Anscheinend muldenförmig gelagert, biegen sich diese Schiefermassen östlich der Julia in die Höhe und tragen hier die triadischen Kalk- und Dolomitstöcke der Aelagruppe, grünen Granit und Gneis der Errmasse, welche Gesteinsglieder Teile der höchsten Gebirgsdecke, der ostalpinen, repräsentieren. Aber die Schiefer der rhätischen Decke heben sich oben nicht in sichtbarer Muldenbiegung vor den ostalpinen Schichtmassen heraus, sie sinken vielmehr steil unter sie ein und ziehen sich unter ihnen durch, einerseits ins Albulatal, anderseits nach SE ins oberste Inntal, wo sie ähnliche Bedeckungen tragen.

               Grundlage der ostalpinen Decke unseres Gebietes sind die grünen Granite, Gneiss und halbkristalline Schiefer der Errgruppe, die Reste und Lappen von Kalken und Dolomit der Trias oder auch des Lias tragen; über diesem kristallinen Gesteinsfusse erhebt sich nach NW hin die ganze ostalpine Sedimentreihe, die in den Bergüner Stöcken untere Rauhwacke Dolomit und Raiblerschichten (ob. Rauhwacke der Trias, dunkle Mergel der Kösser Schichten (Rhät) mit Versteinerungen, helle, graue und rote Liaskalke und - Breccien mit Versteinerungen und Liasfleckenmergel (Algäuschiefer) umfasst. Die Überschiebung der Rhätischen Decke durch die Gesteine der ostalpinen Decke hat es mit sich gebracht, dass an der Bleisota, der Schieferhöhe S des Piz Michél, am Grate Carungas zwischen Val d’Err und der Tinzer Ochsenalp und weiter südöstlich gneisartige Gesteine (zum Teil mit Verrucano) mitten aus den grauen und bunten Schiefern oder aus Serpentin hervorbrechen: das sind isolierte, überschobene Kappen der kristallinen Grundlage der ostalpinen Decke, nicht etwa in der Tiefe wurzelnde Gesteinsmassen. Anderseits werden durch Verwitterung und Abtragung Komplexe der ostalpinen Sedimente zerstört und entfernt, bis an manchen Stellen, so im Hintergrund des Val d’Err, zwischen den verbliebenen Kappen ostalpiner Sedimente die Gesteine der darüber lagernden Rhätischen Decke buchtenartig hervortreten und hier in einer längeren Zone zu verfolgen sind.

         Graue, W-E streichend und N fallende Kalktonschiefer (Bündnerschiefer) bilden den Eingang in die Val d’Err, die auf der linken Talseite über Pensa bald bunten, namentlichen roten Kiesel- und Tonschiefern Platz machen. Ein triadischen Kalk- und Dolomitkomplex unterbricht an der Felsenschwelle und Talschlucht unter den vorderen (alten) Hütten der Alp d’Err die bunten Schiefermassen, deren Schichten, NE streichend und SE fallend, sich zum äusseren Grate der Höhe Carungas hinaufschieben. Auf der Vorderseite der Val d’Err, im Hintergrunde von Cotschna, fallen die Schiefer steil unter die gleichen Gesteine des Piz Val Lung und des Aela ein. Die roten Kieselschiefer und Hornsteine (Radiolarit) mit Einschlüssen von Strahlrhyzopoden (Urtieren) sind von jurassischem, wahrscheinlich oberjurassischem Alter und erregen vor allem wegen ihrer mächtigen Verbreitung und des Umstandes, dass sie linsenförmige Lager von Manganerzen enthalten, unsere Aufmerksamkeit. Der rote Radiolarit wechsellagert mit grünen Kiesel- und rot gefärbten, ebenfalls in der Tiefsee abgesetzten Tonschiefern, auch mit grauen Kalkschiefern ab und bildet mit diesen riesig gefaltete und verknetete Schichtkomplexe, die den ganzen Pizza Grossa (2943) unter den Lajets zusammensetzen und sich am Piz Salteras (3114) bis an den oberen Rand des Gletschers hinaufziehen. Am Pizza Grossa sind dem Radiolarit grosse Lager von blendend weissem Quarzit eingeschaltet. Soweit uns bekannt ist, enthalten diese Kiesel- und Hornsteinschichten auf der ganzen nördlichen und nordöstlichen Talseite von Val d’Err nur Spuren von Manganerz, während sie an der Südostseite der Höhe Carungas vor dem Passübergang der Furtschella Linsen des Erzes führen. Gipfel und Grat des Carungas (2917) sind höchst kompliziert gebaut. Rauhwacke und Dolomit der Trias, Liaskalk, konglomeratischer Verrucano und grünlicher Gneis überschieben hier in fast ordnungsloser Lagerung die bunten Schiefermassen der rhätischen Decke und ruhen ihr als Kappen auf. Ein Steifen von Triasdolomit zieht sich vom forderen Carungasgrate zum Errtälchen hinab, verschwindet hier aber bald unter Moränen und Sturzschutt. An der Passlücke der Furtschella vor der Tinzer Ochsenalp erscheinen mit den bunten  Schiefern Serpentinmassen, und weiter südlich erheben sich wieder Köpfe von Gneiss und halbkristallinen Schiefern.

         Auffallend ist, was wir auf der NE-Seite der Val d’Err nicht bemerkten, dass die grünen und roten Hornsteinschiefer (Radiolarite) unter der Furtschella mit Serpentin in Verbindung treten und sich über die Passlücke nach der Tinzener Ochsenalp (Colm da Bovs) immer mächtiger ausdehnen, bis sie in der Mitte dieses Tälchens, besonders aber in seinem Hintergrunde die grösste Mächtigkeit und Verbreitung gewinnen. Im Serpentin von L’Avagna der Ochsenalp liegen die alten Pyrit- und Kupfergruben mit Vewitterungsprodukten von Brauneisenerz (Limonit). Auf der NE-Seite schneidet das erzführende Gestein am Sericit-Gneiss ab, während SE über den beiden sichtbaren Einschaltungen von Serpentin rostbraune Rauhwacke der Trias oder graue Bündnerschiefer die Serpentinlinsen begrenzen.

         Eine Betrachtung der darüber folgenden Höhen des Errstockes mit seinem granitenen Aufbau und den erhaltenen Lappen und Resten ostalpiner Sedimente kann nicht mehr im Rahmen unserer Arbeit liegen, ebenso wenig die Skizzierung der geologisch ähnlichen Verhältnisse des landschaftlich grossartigen Hintergrundes der Val d’Err. Erzlager sind auf dem Gebiet von Tinzen nur im Bereich der rhätischen Decke bekannt geworden und wir vermochten keine neuen aufzufinden.

         Es bleibt noch übrig, in aller Kürze die Gesteinsfolge in der rhätischen Decke von Roffna über die Alp digl Plaz hinauf gegen die Falotta und den Manganerzlagern westlich dieser Höhe zu betrachten. Hinter Roffna folgen bergwärts fallende kirschrote Radiolarite und bunte metamorphosierte Schiefer, teils serpentinisierte, teils spilitisch und rote Tonschiefer mit Quarz- und Calcitadern und -Lagern, hochgradig gewunden und verknetet. Südlich der letzten Häuser von Roffna erscheint der erste Serpentinaufschluss mit brecciösem Serpentin und Ophicalcit (Serpentin-Calcit-Marmorbreccie). Nach einer Serpentinschutthalde führt grüner Diabas- oder Spilitschiefer zum Diorit-Diabasstock der Felsschlucht der Uagl digl Plaz, dessen aus Plagioklas-Orthoklasfeldspat, Augit und Chlorit bestehendes Kerngestein randlich in grünen Diabasschiefer übergeht. Talaufwärts folgen am unteren Gehänge stark gefaltete und gestauchte grüne Spilitschiefer, serpentinisierte und graue bis grünliche tonig-talkige Schiefer, sowie Kalksandsteine der Bündner­schieferstufe an der Julia-Brücke.

         Graue und bunte Schiefer mit Serpentin halten an bis zu der mit Moränen und Trümmern überdeckten Alp digl Plaz (1854 m), über welcher Serpentin, Spilit und Spilitschiefer am Hange auftreten. In den stark gefalteten Radiolariten der Höhe tritt abnorm eine mit Grünschiefern verquetschte Linse von Triasdolomit auf, und darauf folgt Serpentin der Falotta (2427 m). Dieser ruht auf Massen von Spilit und Spilitschiefern, die auch kirschrot oder rotgrün gefleckte sind und daher, oberflächlich besehen, leicht mit den bunten Kieselschiefern verwechselt werden können.

         Die zumteil von grauen und gelblichen Kalkschiefern begleiteten roten Radiolarite zwischen dem Spilitkopfe des Punktes 2227 m d.K. und dem Serpentin der Falotta, ganz nahe dem ersteren, enthalten in Schwärmen Linsen und Knollen von Manganerz eingeschaltet, und hier befinden sich Gruben wie unter der Furtschelle in der Val d’Err. Man muss annehmen, dass die basischen Eruptiva, Diorit und Spilit, am Hange zwischen Roffna und der Falotta etc. erst nach Ablagerung der Radiolarithornsteine, die wahrscheinlich von oberjurassischem Alter sind, intrudiert wurden.

         In den bisherigen kurzen Darlegungen wurden mehrere Lokalitäten erwähnt, wo Gesteine verschiedener Gebirgsdecken und Serien durch Pressung, Stauchung und zum Teil förmliche Durchstechung kaum entwirrbare Knäuel bilden. Solche stellenweise Press- oder Quetschzonen mit fast ordnungslos gehäuften Schichtteilen der rhätischen und ostalpinen Decke werden an der Furtschella, an der Höhe Carungas, bei den Pyrit- und Kupferkiesgruben in der Tinzener Ochsenalp  und unter der Falotta angedeutet. Da schon die Manganerzlager in den roten Radiolarienhornsteinen der weniger gestörten Zonen verhältnismässig begrenzte Verbreitung haben, so ist es natürlich, dass ihre Regelmässigkeit durch solche Einschiebsel noch mehr beeinträchtigt wird und der Bergbau in solchen Gegenden geognostisch sehr erschwerte Verhältnisse vorfindet.

         Am Schluss dieses Abschnittes sei noch in aller Kürze auf die Oberflächenbildungen der behandelten Gegenden eingetreten. Starke Moränen und Sturztrüm­mer  decken den Talboden bei den alten Hütten der Alp d’Err (hier zwischen gletschergeschliffenen Rundhöckern der Felsen) und weiter einwärts; auch wo man von der neuen Alphütte  zu den Manganerzgruben von Parsettens unter der Furtschella aufsteigt, reicht am Hange eine Moräne aus dem oberen Talteil her. Von der Höhe Carungas ziehen sich die Trümmerstriche ansehnlicher Bergstürze zum Teil bis ins Errtal herab, und die in Parsettens angelegten Grubenbauten (2240 – 2280 m) gehören zweifellos einem alten Abbruchgebiete an, dessen mit Manganlinsen bedachte Radiolarit zur Hauptsache vom Anstehenden (2340 – 2360) am Südostfusse der Carungashöhe also etwa 100 m weit abgeglitten und verbrochen worden sind. Dieser Umstand müsste neuen Abbauversuchen auf Parsettens an und für sich schon sehr hinderlich sein. Gewaltige Moränen sind weiter im Ochsenalptälchen, grosse Bruch- und  Sturztrümmer in dessen Hintergrund verbreitet. Im Haupttale der Julia scheint ein grosser Teil der Waldhänge God da Rona zwischen Roffna  und  Plaz Beischen aus alten Trümmermassen zu bestehen, die sich von dem über der Alp Surnegn bogenartig sich hinziehenden Bergkamme ablösten. Auch die Manganerztrümmer  auf dem Wald- und Weideboden unter der Alp digl Plaz, die dort mit Gneiss-, Spilit-, Dolomit- und Bündnerschiefertrümmer umherliegen, sind Sturzmassen  aus der Höhe zwischen Punkt 2227 m d.K. und der Falotta. Die hier vorhandenen Erztrümmer sind grösstenteils schon weggeführt und verwendet worden. Da über diesen Sturztrümmern auf der Alp digl Plaz Moräne liegt, so müssen die Bergstürze vom Falotta- und Alp Surnegn-Grate sich noch vor Schluss der Glazialzeit ereignet haben
 

III. Beschreibung der einzelnen Lagerstätten
 

1. Manganerzgruben bei Parsettens zwischen Alp d’Err und Furtschella

bei 2240 – 2280 m

         Die Gruben von Parsettens erreicht man in einer halben Stunde von den neuen Hütten der Alp Err aus beim Anstieg gegen Süden in der Richtung gegen die Furtschella, dem Üebergang nach der Tinzener Ochsenalp. Man ersteigt zuerst die dem Talhang angelagerte vorhistorische mächtige Seitenmoräne des Errgletschers. Das anstehende Gestein ist meistens verdeckt. Es handelt sich um graue Tonschiefer der rhätischen Decke, die hier am Aufbau der ganzen Gegend wesentlichen Anteil nimmt. die alten Stollen und Tagebaue erreicht man bei ca. 2240 m. Das Gestein indem das Manganerz hier auftritt, besteht wie auch anderwärts aus rotem Hornsteinschiefer (Radiolarit). Die Lagerung der Schichten ist sehr unregelmässig. Im allgemeinen fallen die Schiefer gegen WSW, W und WNW in den Berg hinein. Der ganze Abhang ist in eine Reihe kleinerer und grösserer schollenartiger Felsköpfe zerlegt und erscheint in seinem Gefüge stark gelockert. Dass die Massen von Gneiss, die weiter oben und weiter nördlich am Abhang der Höhe Carungas liegen, einem grossen Bergsturz angehören, wird einem sofort klar; dass aber das Radiolaritgehänge, in dem sich die alten Gruben befinden ebenfalls abgerutscht ist, lässt sich nicht auf den ersten Blick erkennen. Dass die Gegend von Parsettens ein altes Abbruchgebiet ist, wurde, wie man uns mitgeteilt hat, auch von manchen Einwohnern in Tinzen behauptet, während andere es bestritten haben. Erst wenn man den Abhang und die Gipfelpartie der Höhe Carungas untersucht, lässt sich die Bergstutznatur des Geländes bei den alten Gruben nachweisen. wie auch aus den beigegebenen Profilen I, 1 – 2 zu ersehen ist, fallen die Schichten am Gipfel und Abhang dieses Berges ziemlich steil gegen Nordosten.

Wir haben von oben nach unten
      1.
      Schwarze Tonschiefer, Lias; nur am Gipfel,
      2.
      Spuren von Dolomit (Trias),
      3.
      Verrucano, rotes Konglomerat,
      4.
      Gneiss, schiefrig, stark zerdrückt,
      5.
      Dolomitband, besonders auf der Westseite deutlich,
      6.
      Bunte Schiefer (Radiolarite) mit Serpentin (gegen die Furtschella)
      7.
      Graue Schiefer ob Parsettens,
      8.
      Rauhwacke Trias, wenig höher als die Manganerzgruben, aber weiter südlich,
      9.
      Graue Schiefer gegen die Alp d’Err.

         Von besonderem Interesse sind die roten Hornsteinschiefer Nr.6. Sie treten bei 2340 – 2360. am Südosthange der Höhe Carungas auf und enthalten hier Linsen von Manganerz. Hier sind diese Gesteine völlig anstehend. Genau wie im Anstehenden lassen sich auch im abgerutschten Terrain von oben nach unten Gesteinsmassen, Dolomit (spärlich) und zuletzt Radiolarit (bei den Gruben) unterscheiden. In dem Niveau, wo sich die Gruben befinden, ist Radiolarit in nächster Umgebung nicht anstehend, wohl aber, wie wir sahen 100 m höher oben, und es ergibt sich der Schluss, dass der Radiolaritkomplex, in dem die alten Manganerzgruben liegen, in vorhistorischer Zeit von höher oben abgerutscht ist, ohne eigentlich in ein Bergsturztrümmerwerk zu zerfallen, jedoch in seinem Gefüge gelockert und in seiner Schichtlage gestört. Für die Beurteilung der Lagerstätte ist dieser Befund von grosser Bedeutung. Man darf nicht annehmen, dass sich die Erzlager auf grössere Distanz in den Berg hinein erstrecken, man darf auch nicht auf eine grosse Regelmässigkeit in der Lagerung und im Auftreten des Erzes rechnen. Dass diese Massen gelockert sind, ist wohl dem alten Bergbau bis zu einem gewissen Grade eher zu statten gekommen.

Zur Einschätzung der vorhandenen Erzmengen und der Details der Lager ist es nötig, diese Lokalität an Hand eines Profils (I,1) im einzelnen zu betrachten. Das Manganerz tritt an mindestens 5 von einander getrennten Stellen auf und wurde hauptsächlich an 4 Punkten in mehreren Stollen ausgebeutet. Das Erz bildet Linsen im roten Hornsteinschiefer, die im besten Falle 20 m Länge und 2 bis 3 m Mächtigkeit erreichen, wobei feine Übergänge in den reinen Radiolarit noch mitgerechnet sind. Das Erz besteht aus einem derben schwarzen Psilomelan (Hartmanganerz), dem auch Pyrolusit (Weichmanganerz) beigemengt ist. Ohne Zweifel ist die Hauptmasse der Linsen lagerförmig, d.h. parallel zur Schieferung des Nebengesteins eingeschaltet und wechsellagert häufig im Kleinen mit rotem Schiefer. Nicht selten und häufiger, als man nach den früheren Beschreibungen erwarten konnte, greift das Erz von den Linsen aus aderförmig in beliebiger Richtung ins Nebengestein, dasselbe in eine Art Breccie zerteilend. Die Bruchstücke solchen Erzes erscheinen dann von aussen völlig rein, da sie von lauter Erzadern begrenzt werden, nach denen sich das Material leicht zerteilen lässt. Zerschlägt man aber solche Stücke weiter, so ist man erstaunt, im Innern derselben in grösserer oder kleinerer Menge roten Hornstein anzutreffen. Es fehlt also hier nicht an kompaktem reinen Erz, das zum Teil noch in gebrochenen Massen herum liegt, die grosse Masse ist aber stark mit Hornstein verwachsen und dürfte im Mittel einen beträchtlichen Gehalt von30 – 40 % SiO2 aufweisen, der bei der Bewertung des Erzes ungünstig wirkt. Ausserdem ist das Erz häufig reich an Quarzadern.

Im ganzen kann man 4 Stellen auffinden, an denen auch heute noch die Spuren des alten Tagbaues zu erkennen sind. Bei den in Profil I, 1. mit I und II bezeichneten Stellen sind die Halden noch sehr deutlich, ebenso die Stolleneingänge. Bei III fand offenbar der Hauptabbau statt. Eine Halde von beträchtlicher Dimension und reichlich herumliegendes gebrochenes Erz zeigen, dass hier intensiv gearbeitet wurde. die Erzlinse ist von schöner Beschaffenheit. Im Maximum erreicht sie 2 – 3 m und ist im Streichen ca. 20 m zu verfolgen. An dieser Stelle wurde wohl in 2 Stollen gearbeitet. Bei IV stösst man auf einen weiteren Abbau in einer separaten Erzlinse. Die Schichten fallen hier mit 35 – 45° gegen W und WSW. Das Erz ist stark mit rotem Hornstein vermischt. Es wechsellagert häufig im Kleinen mit demselben und bildet keine Bänke von grösserer Mächtigkeit und bemerkenswerter Reinheit. Höher oben, bei V, ist wiederum Erz zu finden, jedoch in ganz unbedeutender Qualität. Alte Stollen sind nicht zu sehen.

Stückproben des Erzes dürften häufig 40 – 50 % Mn enthalten. Im Durchschnitt aber ist der Mn-Gehalt jedenfalls wesentlich kleiner,  mutmasslich 30 – 40 %, während der grosse Teil des Restes auf SiO2 fällt. Die starke Verunreinigung des Erzes durch Radiolarit macht eine blosse Schätzung des Mangangehaltes fast unmöglich, und es wäre nötig gewesen, grosse Proben zu entnehmen, hätte sich diese  Lagerstätte nicht von vorneherein wegen der geringen Menge des vorhandenen Erzes als gänzlich unbauwürdig erwiesen. Die vorhandene Erzmenge kann, da es sich nur um oberflächliche, abgerutschte Massen handelt, höchstens mit ca. 1000 m3 taxiert werden, eine Quantität, die wegen ihrer Kleinheit einen rentablen Abbau in dieser abgelegenen Gegend nicht ermöglichen würde.

Die Partie von rotem Hornschiefer, die ca. 100 m höher oben bei ca. 2340 m gelegen ist und wegen des Auftretens von Manganlinsen als die Heimat der abgerutschten Masse von Parsettens anzusehen ist, wurde in früherer Zeit offenbar nicht abgebaut. Man trifft dort über eine Höhe von ca. 20 m 5 – 6 Erzlinsen von gleicher Beschaffenheit wie bei Parsettens, doch nur lokal von guter Qualität. Auch hier handelt es sich nicht um durchgehende Lager, sondern um  getrennte Linsen von geringer Erstreckung im Streichen. Das Erz ist stark mit Radiolarienhornstein  durchsetzt und geht in denselben über, indem es mit ihm wechsellagert oder in Klüften sich abgesetzt hat. Die Linsen erreichen eine Mächtigkeit von höchstens 1 m und sind etwa 4 – 6 m lang. Ihre Gestalt ist recht unregelmässig. Die nachgewiesene Erzmasse beträgt etwa 400 m3. Ihr Erzgehalt dürfte 30 – 40 % nicht übersteigen. Wenn auch angenommen werden darf, dass sich im Berge drin hier noch weitere Erzlinsen vorfinden, so ist doch die ganze Situation derart ungünstig, dass an einen Abbau nicht zu denken ist. Das zu fördernde taube Material würde an Menge das Erz bei weitem übertreffen.  Ungünstig ist bei beiden Lagerstätten der Umstand, dass die vorhandene Erzmenge nicht in einem Lager oder einer Linse vereinigt ist, sondern sich auf mehrere getrennte Massen verteilt.
 

Übrige Manganerzfunde in der Val d’Err und östlich derselben

Am Abhang des Piz Salteras östlich der Val d’Err, ferner im Seitental von Cotschna, das zu den Lajets am Südfusse des Piz d’Aela und zum Piz Val Lunga hinaufführt, haben die roten Hornsteine grosse Verbreitung. Serpentin, der im Oberhalbstein sonst so häufig  mit rotem Schiefer verknüpft ist, fehlt hier gänzlich (s. oben). Von Manganerz findet man nur Spuren und dünne Überzüge. Grössere Linsen sind uns nicht bekannt geworden. Einzelne Stücke von stark verwittertem Manganerz werden hoch am Nordwestabhange des Piz Salteras überm Gletscher bei ca. 3000 m gefunden.

2. Manganerzvorkommnisse unter der Falotta bei Roffna

Steigt man von der Alp digl Plaz (Roffna) auf einem Fusspfad gegen Südosten empor, so durchquert man zunächst eine grössere Masse von Serpentin und hellgrünen zähen Spilit, einem diabasähnlichen Eruptivgestein und Schiefern desselben. Darauf legt sich bei Punkt 2227, der einen aussichtreichen Felskopf bezeichnet, eine 30 – 40 m mächtige, mit 30° gegen Osten einfallende Serie von Sedimentgesteinen, von denen der rote Radiolarienhornstein am meisten auffällt. In diesem treten 50 – 100 m südöstlich des Punktes 2227 eine ganze Anzahl von Linsen von Manganerz auf, die teilweise ausgebeutet worden sind. Höher oben, an der Falotta folgen über den genannten sedimentären Schiefern wiederum Massen von schwarzgrünem Serpentin und Spilit. Von oben nach unten lassen sich indem genannten Schieferband unterscheiden:

        
(Serpentin der Falotta)
1.
      Graue, graugrüne und gelbliche Kalkschiefer, mit untergeordneten Hornsteinlagern, 10 – 15 m.
2.
     
Dolomitlinse, am Abhang der Falotta bis 5 m, mit Einlagerungen (eingepresste Lagen) von
         grünem Schiefer.
3.
     
Roter Hornsteinschiefer (Radiolarit) und rote kieseligtonige Schiefer, 30 – 40 m, häufig stark 
         gefältelt.
4.
      Lokal am Hang der Falotta: Radiolarit in Verbindung mit Kalkschiefern, einige Meter
Spilit.
5.
     
Durch Epidotgehalt hellgrünlich bis blaugrünes massiges, zähes Gestein. Die Grenze gegen
         den Radiolarit ist nicht scharf. am Kontakt ist der Spilit rot gefleckt und enthält Schmitzen
         Einschlüsse von rotem Hornstein. Dieses
         Eruptionsgestein ist zweifellos jünger als die Radiolarite und ist in sie hineingedrungen.

       Mit Ausnahme einer einzigen kleinen Erzlinse in der Nähe des Baches, der von der Falotta herab kommt, erscheinen alle andern zu einem Schwamm vereinigt, der 50 m südlich des Punktes 2227 beginnt und ca. 50 m weit gegen Süden anhält. Den 30 – 40 m mächtigen Radiolaritschiefern sind die Erzlinsen ziemlich regellos eingelagert; immerhin so, dass eine untere und eine obere Gruppe unterschieden werden kann. Wie aus der Situationsskizze Taf .I, Fig. 3 und dem Profile Taf. I, Fig. 4 zu ersehen ist, enthält die obere Gruppe 2 Linsen, die untere deren ca. ein halbes Dutzend.

Die einzelnen Aufschlüsse sind mit A – H bezeichnet. Die Mächtigkeit und die Ausdehnung des Erzes an den einzelnen Stellen sind am besten aus den genannten Zeichnungen zu ersehen. Hier mögen nur folgende Bemerkungen Platz finden.

Bei A ist das anstehende Manganerz nicht aufgeschlossen. An dem Fusspfad, der eben hier vorbeiführt, liegen einige Haufen von schönem Erz, das hier gebrochen wurde. Das Erz zeigt die gewöhnliche Zusammensetzung, ist jedoch ziemlich reich an Quarzadern. Der Aufschluss A liegt in einem Graben, der zur Ausbeutung des Erzes ausgehoben worden war.

2.5 m Radiolarit trennen die Stelle A von dem höher gelegenen Aufschluss B. diese Stelle liegt auf der gleichen Höhe wie Punkt 2227. Hier ist eine Erzlinse von 70 – 80 cm maximaler Mächtigkeit zu sehen, die aber bald nach allen Seiten abnimmt. Das Erz ist teilweise mit Radiolarit reichlich vermengt. Kleineren Linsen begleiten dieses Erznest. Im Hangenden folgen 1.5 m rote, zum Teil tonige Radiolaritschiefer mit einer Anzahl von zentimeterdünnen Manganerzlagern.

Wenig höher oben gelangt man in einen Graben, der in nordöstlicher Richtung die Erze hätte aufschliessen sollen. Er ist heute stark verschüttet. Schliesslich findet man ungefähr in der verlängerten Schichtlage von B an der Stelle C eine Erzlinse von 1.5 – 2 m Länge und 90 cm maximaler Mächtigkeit.

A, B und C gehören zu den Linsen der tieferen Gruppe.

D und E liegen 5 m höher oben  und sind von der tieferen Gruppe durch ca. 10 m quarzreiche Radiolaritschiefer mit spärlichen, ganz dünnen Erzlagen getrennt. Sie repräsentieren die höhere Gruppe.

 Bei D erscheint unmittelbar unter der gelblichen, von grünen Häuten durchzogene Kalkschiefer eine Erzlinse, die auf 5 m Länge entblösst ist. Sie dürfte sich gegen Norden unter Schuttbedeckung noch einige Meter weit fortsetzen. Ihre maximale Mächtigkeit beträgt 2.5 m. Zum Teil ist das Erz rein, teilweise ist es aber wie gewöhnlich von rotem Hornstein durchsetzt. die Linse E ist von der vorigen durch eine kurze, taube Strecke getrennt. Sie ist 2 m lang und erreicht eine Dicke von 50 cm.

D und E werden im Liegenden von ganz unbedeutenden Erzlinsen begleitet.

         Verfolgt man die Linsen der beiden Gruppen im Streichen, so fällt auf, dass das obere Niveau nur  an dieser Stelle durch Erz ausgezeichnet ist, weiter gegen S wie gegen N aber taub bleibt. Die untere Gruppe dagegen setzt sich noch ein Stück weiter gegen Süden fort, aber auch nur wenig weiter südwärts als das Ende der Linse E. Gegen N ist auch von der tieferen Gruppe nichts mehr zu sehen. Es fehlt hier allerdings an Aufschlüssen.

  Die Aufschlüsse der tieferen Gruppe, die südlich von A, B und C liegen, sind folgende:

F.  Aufschluss in einem Graben. Das Erz ist nur schlecht entblösst. Es dürfte sich um die Fortsetzung von C handeln.

      G.  Eine Gruppe von gut aufgeschlossenen kleinen Erznestern. Die Ausdehnung der einzelnen 
            Partien beträgt 1 x 0.95 m, 1 x 1.8 m, 1.5 x 3 m. Hier fallen die geringe Grösse der Linsen  auf.

           Bei H erscheint auf 4 m Länge Erz von einer maximalen Dicke von 1 m.

     G  und H dürfen dem Niveau der Linsen A und B entsprechen. Es wurde hier immer nur Tagbau
     betrieben.

                                                               ---------------

Im Allgemeinen sehen wir, dass es sich nicht um durchgehende, schichtförmige Erzlager handelt, auf deren Vorhandensein man auch in einiger Distanz rechnen könnte. Vielmehr tritt das Erz in Linsen auf, von denen die kleineren kaum einige Kubikmeter enthalten, die grösseren kaum einige Dutzend Kubikmeter messen dürften. die ganze erzführende Partie erscheint als ein Schwarm von Erzlinsen, der an der Oberfläche auf ein Länge von 50 m ausstreicht. Auf keinen Fall dürfen wir annehmen, dass die Erzführung, d.h. das Auftreten von solchen Linsen bergeinwärts weiter als 20 m anhalte.

In der Umgebung, insbesondere, wenn man südwärts gegen die Falotta geht, ist von Erz nichts zu bemerken mit Ausnahme einer Stelle, die bereits oben erwähnt wurde, nämlich links des Baches der von der Falotta her kommt, wenig über dem Kontakt zwischen Spilit und Radiolarit.

Die Qualität des Erzes ist im Ganzen genommen gut. Die Analysen, die vom Erz unterhalb der Alp digl Plaz ausgeführt wurden, dürfen auch für die hier oben auftretenden Erze gelten. Nach der Qualität wäre das Erz wohl brauchbar, wenn auch der Gehalt an SiO2 seinen Wert teilweise stark beeinträchtigen würde. Schlimm ist dagegen, dass die nachweisbare, wie auch die mutmassliche Menge des Manganerzes an der Falotta oberhalb der Alp digl Plaz sehr klein sind. Als nachgewiesenes Erz darf man kaum 100 m3 in Rechnung setzen, die  mutmasslich vorhandene Menge möchten wir  nicht grösser als 500 m3 schätzen.

Bei dem Fehlen einer Fortsetzung der Erzlinsen resp. des Schwarmes von Linsen gegen S wie gegen N erscheint eben auch das Anhalten der Erzführung nach der tiefe hin auf mehr als 20 m in den Berg hinein ganz unwahrscheinlich.

Aus den obigen Ausführungen ist zu ersehen, dass oberhalb der Alp digl Plaz kein genügender Erzvorrat für einen rentablen Abbau nachweisbar ist. Wenn auch die vorhandenen Mengen von Erz an und für sich einen beträchtlichen Wert repräsentieren, so würde sie doch für keine einigermassen nennenswerte und anhaltende Produktion ausreichen.

3. Manganerzfunde unterhalb der Alp digl Plaz

In einer Höhe von 1800 m, an einem Abkürzugspfad, der vom Haupttalweg unterhalb der Alp digl Plaz abzweigt und direkt zu den Hütten dieser Alp emporführt, stösst man auf ein mächtiges Trümmerwerk von Manganblöcken, die früher eifrig ausgebeutet wurden. Der ganze Abhang besteht hier weit hinab aus einem alten Bergsturz, dem bei den Hütten von Plaz kleine Moränen aufgelagert sind. Ob der vorspringende, bewaldete Rücken, der von der Alp Surnegn nach Roffna absteigt, ganz oder nur teilweise aus Bergsturzmaterial aufgebaut ist, möchten wir nicht entscheiden.

Als Heimat der uralten Sturzmassen, in denen die Manganblöcke enthalten sind, müssen die im vorhergehenden Abschnitt geschilderten Vorkommnisse in der Höhe zwischen Punkt 2227 m und der Falotta gelten. Wie oben, so ist auch im Erz-Trümmerwerk unter der Alp digl Plaz die Verknüpfung des Erzes mit rotem Hornsteinschiefer deutlich zu erkennen. die Erzblöcke liegen zwischen Trümmern von Radiolarit, Spilit, Serpentin, Schiefer, Triasdolomit etc.

Das Erz der Alp digl Plaz wurde schon früher untersucht und analysiert. Es besteht vorwiegend aus Psilomelan, dem sich der Pyrolusit beigesellt. Die Vermengung mit Quarz ist auch hier stellenweise beträchtlich. Immerhin ist reines Erz an dieser Stelle nicht selten.

Der grösste noch vorhandene Erzbloch dürfte ca. 80 m3 enthalten, alles in allem darf man aber mit nicht mehr als rund 150 m3 Manganerz rechnen.

Da es um abgestürzte Massen handelt, ist eine Fortsetzung des Erzes in den Berg hinein undenkbar. Zudem handelt es sich auch primär nicht um durchgehende Lager, sondern um Linsen von beschränkter Ausdehnung.

        Auch hier ist also nur ein kleiner Erzvorrat nachzuweisen, der einer völlig isolierten Masse angehört und die Annahme eines Abbaues völlig ausschliesst.
 

4. Beziehungen zwischen den Manganerzlagern unter der Falotta und in der Val d’Err

        Wie wir gesehen haben, treten die Manganerze in Oberhalbstein und speziell im Gebiet der Gemeinde Tinzen in den roten kieseligen Schiefern auf, die als Radiolarit bezeichnet werden. Sie sind in ihrer Verbreitung, was grössere Vorkommnisse anbelangt, im Gebiete der Gemeinde Tinzen an das Serpentingebiet gebunden. Nördlich und östlich der Alp d’Err bilden die Radiolarite zwar ganze Wände, abgesehen von Spuren ist in dieser Gegend kein Manganerz bekannt geworden. Serpentin fehlt östlich des genannten Tales ebenfalls.

Wenn nun die untersuchten Erzlinsen im ganzen den Eindruck von sedimentären Erzlagern machen, die parallel dem Nebengestein eingelagert sind und häufig mit demselben wechsellagern, so darf man dennoch keineswegs annehmen, dass das Erz ausgedehnte zusammenhängende Lager bilde. Vo einer direkten Verbindung der Erzvorkommnisse unter der Falotta  und derjenigen bei Parsettens im Val d’Err kann keine Rede sein. In der dazwischen liegenden Tinzener Ochsenalp (Colm da Bovs) ist zwar der rote Radiolarit sowohl am Westhang des Gipfels Carungas als auch westlich der Alp weit verbreitet. Es dürfte sich um den gleichen Zug diese Schiefers handeln, den man hier überall trifft. Seine Lagerung ist im Einzelnen sehr kompliziert, und die Zusammenhänge sind wegen des Auftretens von Serpentin und Spilit insbesonders zwischen Colm da Bovs und der Falotta nicht leicht herauszufinden. Dieser Radiolarit enthält nun aber in der Alp Colm da Bovs unseres Wissens keine nennenswerten, sondern nur unbedeutende Manganerzvorkommen. Somit kommen wir zu dem Schluss, dass die genannten Erzfundstellen zwar im gleichen Gesteinszug liegen, aber voneinander völlig getrennt sind.
 

5. Alte Pyrit- und Kupfergrube auf der Tinzener Ochsenalp
(Colm da Bovs) bei P. 2484 m (L’Avagna)

         Schon aus der Ferne wird man auf die grossen rostgelb gefärbten Halden aufmerksam, die den alten Bergbau im Hintergrund der Tinzener Ochsenalp (Colm da Bovs) andeuten. Der Weg, den die Knappen benutzten, ist noch deutlich sichtbar und wenig unterhalb der alten Abbaustelle findet sich noch ein Gemäuer. Bei ca. 2350 m tritt aus den grossen Halden eine Vitriolquelle mit freier Schwefelsäure (Ava ascha).

         Das Bergbauterrain ist rings von Schutt umgeben, und es ist nicht leicht, ein Bild von der Lagerung der Gesteine bei den Gruben zu bekommen. Die beiliegende Profilskizze II, 1 enthält unsere Beobachtungen etwas schematisch zusammengestellt. Der Abhang ist gegen Westen geneigt, die Schichten streichen ungefähr NW – SO mit vielen Unregelmässigkeiten im Einzelnen. Zu oberst stösst man auf stark sericitischen zerdrückten Gneiss von grünlicher Farbe, der senkrecht steht oder sehr steil gegen NO einfällt. Von diesem Gneiss ist nur wenig zu sehen, da er höher oben sogleich unter Blockschutt verschwindet. Hangabwärts schliesst sich an den Gneiss im oberen Teil des Grubenterrains rostig angewitterte Rauhwacke (Zellen­dolomit), die offenbar nur eine Linse darstellt. Wo die Rauhwacke fehlt, grenzt grauer Tonschiefer von einige Meter Mächtigkeit unmittelbar an den steilstehenden Gneiss. Sodann folgt stark zersetzter, zerbröckelnder  Serpentin, der überall, wo er aus dem Haldenmaterial herausschaut, reichlich Pyrit (Schwefelkies) und untergeordnet auch  Kupferkies enthält. Der Pyrit dürfte kupferhaltig sein. Dieser mit Pyrit etc. imprägnierte Serpentin wurde seinerzeit auf 2 Niveau abgebaut, offenbar grösstenteils oberirdisch. Da das Anstehende nur sehr unvollkommen aufgeschlossen ist, lässt sich die Mächtigkeit des Erzführenden Serpentins nur schwer angeben. Es dürfte sich um ca. 10 – 12 m Serpentin handeln. Wie auf der Seite gegen den Berg, so wird der Serpentin auch auf der Seite gegen den Abhang von grauen Tonschiefern begrenzt, der allerdings nur an einer Stelle aufgeschlossen ist.

         Zahlreich sind die Verwitterungsprodukte (Oxydationsprodukte) des pyritreichen Serpentin. So treten im Serpentin Adern von Limonit (Brauneisenerz, = wasserhaltiges Eisenoxyd) auf, das auch Mangan enthält. Die obere sichtbare Partie mit Brauneisenerz ist ca. 15 m, die untere 20 m lang. Der Limonit bildet Adern und Linsen, die wenige bis 20 cm mächtig sind.

         Der Schutt der Halden ist oberflächlich stellenweise bis zu 40 cm zu einer Breccie verkittet, deren Bindemittel wiederum aus Limonit besteht. Ob der alte Bergbau lediglich den Pyrit erfüllten Serpentin benutzte, oder ob auch Limonit Verwendung fand, lässt sich schwer sagen; 1819 waren die Eisenerze der Gegend zwar in besondere Pacht gegeben.

         Wie gross der jetzt noch vorhanden Vorrat an Pyrit-Erz ist, lässt sich gar nicht sagen. Die Aufschlüsse sind zu unvollständig. Es scheint, dass die Alten dem Serpentin, der wahrscheinlich eine Linse darstellt, gegen SO gefolgt sind und vielleicht in dieser Richtung auch Stollen getrieben haben. In nordöstlicher Richtung sind sie jeweils bald an den oben geschilderten Gneiss gestossen. Unter den Gesteinsblöcken bei der einstigen Erzhütte finden sich auch Trümmer von rotem, aus der Höhe stammenden Radiolarit mit Spuren und Belegen von Manganerz, aber soweit uns bekannt ist, enthält dieses Gestein keinen nennenswerten Gehalt desselben.

         Für eine Ausbeutung in der Gegenwart liegen die Gruben viel zu weit von allen Verkehrsmitteln ab. die Aufschlüsse erlauben nicht, die Menge des vorhandenen Erzes zu schätzen, nicht einmal den mittleren Pyrit-, Kupferkies- und Limonitgehalt zu ermitteln. Es wären künstliche Aufschlussarbeiten notwendig, um darüber ins Klare zu kommen. Aller Voraussicht nach würde das Resultat aber ein negatives, auch wenn noch bedeutende Mengen von Erz nachzuweisen wären, da bei dem geringen Wert des Rohmaterials die Gestehungskosten in dieser grossen Höhe viel zu hoch ausfallen würden. Es dürfte daher geraten sein, auch an dieses Erzvorkommen keinerlei Hoffnung zu knüpfen.
 

IV. Bemerkungen über die chemische Zusammensetzung und die
Verwendbarkeit des Manganerzes im Oberhalbstein

Die Manganerze des Oberhalbsteins sind oxydischer Art, d.h. sie stellen Verbindungen von Mangan (Mn) und Sauerstoff (O) dar. Die am häufigsten auftretende Verbindung, das Mangansuperoxyd MnO2 ist die beständigste von allen Manganverbindungen. Sie ist in 2 Formen in unseren Erzen enthalten, nämlich als Polianit  und  Psilomelan  Hartmanganerz), der häufig Beimengungen von anderen Substanzen  enthält,  und  Pyrolusit (Weichmanganerz).

         Ausser der Verbindung MnO2 wurde auch Mn2O5, das dem Mineral Braunit entspricht und Mn3O4, in den Analysen festgestellt.

     MnO2 enthält         63.19 % Mn,
      Mn2O3  enthält       69.60 % Mn,

Das Erz besteht nur zum kleinsten Teil aus reinen Manganmineralien, sondern ist  mit andern Stoffen, vor allem Kieselsäure (SiO2) vermengt.

Eine  Analyse des Erzes von Tinzen, die hinreichenden Aufschluss über dessen Zusammensetzung gibt, wurde von Herrn Prof. Tetmajr im Jahre 1894 ausgeführt und ist im Jahresbericht der Naturforsch. Gesellschaft Graubünden, Bd. 43, 1900, unter „Weitere chemische Analysen von Bündner Erzen“ S. 46 abgedruckt. Das Material wird als „Braunstein (Manganerz) von Tinzen“ bezeichnet und bezieht sich auf Erze von der Falotta oder aus den Trümmern unterhalb der Alp digl Plaz. Die Analysenresultate (Mittel aus zwei Bestimmungen) sind folgende:

                  Wasser, H2O                                                          2.156 %
                  Kohlensäure, CO2                                                  1.175 %
                  Gangart, Kieselsäure, SiO2 etc.                         21.792 %
                  Eisenoxyd, Fe2O3                                                   2.548 %
                  Kalk, CaO                                                                1.532 %
                  Mangansuperoxyd, MnO2                                    30.472 %
                  Manganoesquioxyd, Mn2O3                                 40.343 %
                                                                                                100.018 %

Gehalt an:                    Kohlensaurem Kalk                              2.670 %
                                     Manganverbindungen                         70.185 %
                                     Mangan in MnO2                                  18.25   %
                                     Mangan In Mn2O3                                 28.08  %
                                     Mangan zusammen                              46.33  %

Über den Gehalt an Phosphor sind wir nicht orientiert. Es ist anzunehmen, dass er in diesem Falle sehr klein ist.

         Weitere Analysen sind im gleichen Jahresbericht Seite 38 (Notice sur quelques gisements matallifères du Canton des Grisons) enthalten. Es handelt sich um Psilomelan von der Alp digl Plaz und zwar aus den Trümmern unterhalb der Alp. Die eine Analyse lautet:

                  Manganèse (Mangan)                                       55.55 %
                  Fer (Eisen)                                                            1.20 %
                  Acide silicique (Kieselsäure)                            17.08 %

          Die andere Analyse wurde 1881 von Prof. Schwarzenbach in den Mitteil. d. Naturforsch. Gesellsch. Bern 1881, Sitzungsber.  S. 26 publiziert. Sie lautet:

                  Kieselerde (SiO2)                                                55.95 % (!)
                  Eisenoxyd (Fe2O3)                                                3.43 %
                  Manganoxydoxydul (Mn3O4)                               37.27 %
                  Kalk (CaO)                                                              2.12 %
                  Chlornatrium (NaCl)                                               0.80 %
                                                                                                 99.57 %

Das vorhandene Mangan ist hier als Mn3O4 bestimmt worden. durch Umrechnung erhält man die Zahlen, die in der genannten “Notice“ enthalten sind, nämlich:

                  Manganèse (Mangan)                                          26.85 %
                  Fer (Eisen)                                                               2.40 %
                  Acide silicique (Kieselsäure)                               55.95 %

Das Material enthielt besonders viel Kieselsäure. Es lässt sich nicht genau sagen, von wo die Probe stammte. Schwarzenbach gibt als Fundort nur an „Tinzenhorn“.

         Diese Analysen sind nicht an Mittelproben im bergmännischen Sinne ausgeführt worden, sondern nur an einzelnen Stücken und sind demgemäss als Stückproben zu bezeichnen.

         Da das Material, was seine mineralogischen Bestandteile anbelangt, überall gleich ist, gewinnen wir immerhin einen guten Einblick in Beschaffenheit des Manganerzes dieser Gegend.

         Bei unserer Untersuchung hatten wir unser Augenmerk vorerst auf die Menge des vorhandenen Erzes und dessen Lagerungsform gerichtet, um erst zu erfahren, ob sich eine genaue Untersuchung der einzelnen Lagerstätten lohnt und wo im gegebenen Falle grössere Proben zur Bestimmung ganz einwandfreier Mittelgehalte genommen werden müssten. Da der Erzvorrat sehr beschränkt ist, die Lagerung und die Situation im ganzen günstig beurteilt werden konnte, setzen wir uns mit dem Auftraggeber in Verbindung, um zu erfahren, ob auch unter diesen Umständen grosse Proben genommen und neue Analysen hergestellt werden sollten, aus denen sich zwar eine Reihe genauerer Berechnungen, aber im ganzen kein anderes Bild der Lagerstätten ergeben würde. Der Auftraggeber war damit einverstanden, dass weitere Analysen nicht gemacht werden müssten, umso mehr, als wir diese neuen kostspieligen Analysen nicht als absolut notwendig ansahen. Wir werden uns also an die oben zitierten bereits vorhandenen Analysen halten.

         Der Mangangehalt schwankt nach den Angaben zwischen 55.55 % und 26.85 %. Die hohen Gehalte beziehen sich auf verhältnismässig reines Material (45 – 55 % Mn). Der Augenschein lehrt aber, dass Überall neben reinen auch vermischtes, hornstein-, d.h. kieselsäurereiches Erz auftritt, das bei der Angabe des Volumens der geschilderten Fundstellen miteinbezogen wurde. Es wäre daher unrichtig, wenn wir einen mittleren Gehalt der ausbeutbaren Erzmassen von 45 – 55 % Mn annehmen würden. Wir dürfen für die Gesamtmasse nach unserer Schätzung nur mit 35 – 40 % Mn rechnen und müssen, wenn wir 45 – 50 prozentiges Erz als Grundlage nehmen wollen, die Volumina des vorhandenen Erzes auf ca. 1/3 reduzieren.

         Die Aufschlüsse erlauben uns, in den meisten Fällen die vorhandene Erzmenge mit ziemlicher Sicherheit festzustellen. Es ergaben sich folgende Quantitäten als mutmasslich vorhandenes Erz:

                  Alp d’Err (Parsettens)                                     1000 m3
                 
Furtschella                                                          400 m3
                
 Falotta                                                                 500 m3
                 Alp digl Plaz (Trümmer)                                     150 m3  
                                                            Summa                   2030 m3  = rund 2000 m3

Zur genauen Umrechnung der m3 in Tonnen wäre eine grosse Anzahl von Bestimmungen des spezifischen Gewichtes nötig gewesen. Wir können auch folgendermassen zum Ziel kommen.

         Die verschiedenen Ausbildungsformen des MnO2 haben verschiedene spezifische Gewichte:

                                 Polianit                          4.85 – 5
                                 Psilomelan                    4.13 – 4.33
                                 Pyrolusit                         4.5 – 5

Da in unseren Erzen alle diese Mineralien enthalten sind, können wir am besten für das reine MnO2 des Erzes das Mittel aus obiger Angabe, nämlich rund 4.5 als spez. Gewicht einsetzen.          

Reines MnO2 würde bis zu 63 % Mn enthalten. Unsere Erze enthalten aber rund 25 % weniger an Mn, dafür aber SiO2 mit einem spez. Gewicht von 2.5 – 2.8. Die Differenz der spez. Gewichte der beiden Hauptbestandteile beträgt 2 (-1.7). Eine Mischung von 3/4 MnO2 und 1/4 SiO2 besitzt demnach ein spezifisches Gewicht von 4.5, vermindert um 1/4 der Differenz der spez. Gewichte (da die Mischung im Verhältnis 3:1 anzunehmen ist) d.h. 4.5 – 0.5 = 4. Wir dürfen demnach als approximatives mittleres spezifisches Gewicht 4 annehmen.

         Die 2000 m2 mutmasslich vorhandenen Erzes würden somit rund 8000 t ergeben.

         Der Wert des Manganerzes lässt sich, da grosse Proben nicht genommen wurden, auch nur approximativ angeben. Für die Bewertung ist der Gehalt an MnO2 massgebend; grössere Mengen von SiO2  und Phosphor vermindern den Wert.

         In Amerika gelten folgende Grundsätze. Für 1 % Mn per t wird bezahlt

                                     1.18 Mk                        bei 48 % Mn
                                     1.13 Mk                bei 46 – 49 % M
                                     1.09 Mk                bei 43 – 46 % M
                                     1.05 Mk                bei 40 – 43 % Mn

Bei mehr als 0.1 % Phosphor und mehr als 8 % SiO2 werden Abzüge gemacht, und zwar:

                  für 0.2 % Phosphor                                            4.2 Pfg.
                  für     1% SiO2                                                   83.0 Pfg.

Für unsere Erze ergäbe dies

                  bei 35 % Mn und 25 % SiO2                             ca.         25 Mk
                  bei 40 % Mn und 20 % SiO2                             ca. 34 – 35 Mk
                  bei 50 % Mn und 10 % SiO2                             ca. 57 – 58 Mk

         Die deutschen Erze berechnet man auf der Basis von 50 % MnO2  (nicht Mn) zu 20 Mk pro t und zahlt ca. 1 Mk für jeden % MnO2 über 50. Auch diese Berechnung ergibt ähnliche Werte. Bei 70 % MnOerreicht der Wert einer T 40 Mk. Auf welcher  Basis in Deutschland die Abzüge berechnet werden ist uns nicht bekannt.

         Für russische Erze bezahlt man in deutschen Häfen 0.66 – 1.28 Mk per % Mn in der t und zieht 0.20 – 0.40 Mk für jedes % SiO2 ab.

Die auf dieser Basis berechneten Werte unserer Erze liegen zu weit auseinander, als dass sie einen richtigen Einblick gewähren würden.

         Aus dieser rohen Einschätzung ergibt sich der Schluss, dass das reine Erz verhältnismässig hohen Wert besitzt (ca. 65 – 70 Fr. pro Tonne), dass aber der Wert des Erzes im Gesamten bedeutend geringer taxiert werden muss wegen der reichlichen Beimengung von Kieselsäure. In der Praxis würde es sich ergeben, dass nur ein Teil des vorhandenen Erzes abbauwürdig wäre, ein grosser Prozentsatz aber sich als zu unrein erweisen würde. Wie viel von den rund 2000 m3 mutmasslich vorhandenen Erzes reines Erz ist, können wir nicht genau sagen, jedenfalls, wie oben schon betont wurde, nicht einmal die Hälfte, also ca. 3000 t, die in den Händen der Abnehmer einen Wert von 150 – 200'000 Fr. repräsentieren würden.

         Bei der Beurteilung des Wertes der Lagerstätten müssen wir uns in erster Linie an das zweifellos gute Material halten. Die ganze Natur der Lagerstätte ist derart, dass das Erz, vor allem auch das mutmasslich vorhandene reine Erz (ca. 3000 t) nicht an einer Stelle konzentriert, sondern auf verschiedene, zum Teil weit auseinander liegende Fundpunkte verteilt ist. Auch an den einzelnen Fundpunkten ist das Erz nicht in einer zusammenhängenden Masse, sondern in einzelnen, unter sich getrennten Linsen zu finden.

         Die Erzmenge konnte im ganzen auf höchstens 8000 t eingeschätzt werden; davon dürften ca. 3 – 4000 t als „reines“ Erz gelten und 50 % und mehr Mn enthalten. Von den bleibenden 4 – 5000 t ist wohl  der grösste Teil auch noch brauchbar, aber wegen stärkerer Verunreinigung von geringerem Wert.

         Der ganze Vorrat ist im Vergleich mit anderen Lagerstätten sehr klein und würde nur unter ausnahmsweise günstigen Verhältnissen heutzutage mit Vorteil abgebaut werden können. In unserem Falle kommen aber noch weiter ungünstige Momente hinzu.

    1.
     Die Zerteilung der Erzvorkommen in einzelne Linsen, die in kleinen Gruppen auftreten, aber keine
            durchgehenden Lager oder Lagergruppen darstellen.
    2.
     Die einzelnen Gruppen liegen weit auseinander.
    3.
     Die Lagerstätte liegt im höheren Gebirge.
    4.     Als nächstgelegener Abnehmer kommt zurzeit in Frage die deutsche Eisenindustrie (Herstellung
            von Ferromangan etc.). Die Transportverhältnisse sind sehr ungünstig (Karren oder
            Tragtiere, Wagen, Schmalspurbahn, Breitspurbahn). Wegen der Kleinheit der Lagerstätte lohnt
            sich die Anlage von Transporteinrichtungen, wie z.B. Seilbahnen, nicht.

         Der erst und der vierte Punkt sind neben der Kleinheit der Lagerstätten von ausschlaggebender Bedeutung. Ohne einen völligen Einblick in die Tarifbestimmungen der Bahnen, die Kosten der Wagenfracht etc, zu besitzen, sind wir überzeugt, dass der Transport des Erzes, verbunden mit den Abbaukosten, zu hoch zu stehen kommen, um einen rentablen Abbau zu ermöglichen. Wir halten es für ausgeschlossen, dass das Manganerz der verschiedenen Lokalitäten gegenwärtig im grossen und mit Vorteil abgebaut werden kann.

         Es soll damit nicht gesagt sein, dass diese Lagerstätten nicht später wieder in Betracht kommen können. Die Herstellung verschiedener Eisenlegierungen im elektrischen Ofen hat grosse Fortschritte gemacht und auch unser Land hat sich an der Produktion beteiligt. Mit Rücksicht auf die Entwicklung solcher Industrien, die Hand in Hand mit dem Ausbau der Wasserkräfte geht, erwähnen wir die Möglichkeit, dass später auch in solch geringen Quantitäten mit einem gewissen Vorteil verarbeitet werden könnte.

V.  Anhang
1.
    Der Manganmarkt

         Nur Erze mit über 30 % Mn gelten als Manganerze, die übrigen zählen zu den Manganeisenerzen. Aus einer neuen Zusammenstellung von J.Kern, “Zur Frage der Manganerzversorgung Deutschlands“ (Bergwirtschaftliche Mitteilungen 1913, S. 49 – 59, März) entnehmen wir folgende Daten, die über die Zunahme der Manganerzproduktion und den wachsenden Bedarf an diesem Erz Auskunft geben.

         Die Gesamtproduktion betrug

                        1895                                      0.42 Millionen Tonnen
                        1908                                      1.36 Millionen Tonnen
                        1912 / 1913 ca.                    1.5   Millionen Tonnen per Jahr

 

         Bis 1906 war Russland (Kaukasus) sozusagen der einzige Lieferant. Heute verteilt sich die Hauptproduktion auf Russland, Brit. Indien, Brasilien und Spanien.

         Der Wert der in Deutschland eingeführten Manganerze betrug im Mittel pro Tonne

          1905                                42.10 Mk
          1906                                56.10 Mk
          1907                                62.45 Mk    (Versagen der russischen Produktion wegen politischer Krisen,
                                                                        Infolge dessen Preissteigerung)
           1911                                 40.10 Mk
           1912                                 40.40 Mk

Angaben über den Mn-Gehalt des jeweiligen Erzes sind nicht erhältlich.

         Kern schreibt (am angeg. Ort Seite 57): „Die wichtigsten Stahlländer der Welt, die Vereinigten Staaten, Deutschland und England, sind auf den Bezug von ausländischen Manganerzen angewiesen. Der Manganerzbedarf dieser Länder hat sich innerhalb der letzten 20 Jahre infolge gesteigerter Entwicklung der Ferromanganindustrie verdoppelt, so dass man in Zukunft mit einem Versagen der bisherigen Bezugsquellen rechnen muss. Es wird eben einmal eine Zeit kommen, wo die guten Manganerze der uns bekannten Lagerstätten abgebaut sein werden und man auf ärmere Erze zurückgreifen muss, um der Nachfrage der Stahlindustrie zu genügen.“

         Diese Angaben klingen sehr ermutigend. Die kleineren Lagerstätten werden, sofern sie gutes Material enthalten, mit der Zeit wahrscheinlich grössere Bedeutung erlangen, und unsere oben ausgesprochene Ansicht über die Möglichkeiten des Abbaues der Bündner Manganerze in späterer Zeit gewinnt an Berechtigung.

         Allerdings möchten wir davor warnen, bestimmte Hoffnungen an diese Angaben zu knüpfen. Grosse Manganerzlagerstätten sind nicht nur in Indien, sonder auch in Kleinasien entdeckt worden, wo z.B. kürzlich ein weit ausgedehntes Manganerzlager von 2 m Mächtigkeit und 51 – 55 % Mn (Psilomelan) aufgefunden wurde.
 

2. Lagerstätten von ähnlichem Charakter  

       Zum Schluss mögen hier noch einige Angaben über Lagerstätten von ähnlichem Charakter wie die des Oberhalbsteins Platz finden.

         Die im geologischen Teil als Nebengestein der Manganerze häufig genannten Radiolarienhornsteine enthalten nicht nur in der Schweiz sondern auch anderwärts nicht selten Einlagerungen solcher Erze. Auch in den tiefmeerischen Absätzen der Gegenwart sind Knollen von Manganerz gefunden worden. Es ist aber bezeichnend für diese Art der Lagerstätten, dass nur an ganz wenigen Stellen eigentlicher Bergbau betrieben wird. die meisten dieser Lagerstätten sind eben wie die hier geschilderten zu klein.

         Über einen einzigen grösseren Betrieb in ähnlichem Material sind uns Angaben zugänglich gewesen. Es handelt sich um die Lokalität Cevljanovic an dem 1090 m hohen Berge „Grk“(!) bei Sarajevo in Bosnien. Es handelt sich um barytreichen Psilomelan (mit 5 – 6.5 % Ba) in Radiolarit, selten in Kalk. Das Erz tritt als Knollen und Linsen auf, teils aber auch als anhaltende Bänder, Bänke und sogar mächtigere Schichten. Das Lager ist nievaubeständig innerhalb eines Areals von 12 km Länge und 6 km Breite. Die bosnische Produktion von Manganerz rührt hauptsächlich von dieser Lagerstätte her. Bosnien lieferte 1905 4.129 t Erz, 1909 5000 t. In 30 Jahren (1881 – 1910) produzierte es annähernd 150 000 t mit 45 – 47 % Mangan und 0.03 – 0.07 % Phosphor. Nach einer andern Quelle produziert Cevljanovic allein im Jahre 1907 7000 t, d.h. nahezu soviel wie die mutmasslich vorhandene Menge an Manganerz innerhalb der Gemeinde Tinzen die  vermischten Erze mitgerechnet.

VI. Literatur

J.A. von Peterelli. Beschreibung des Hochgerichts Oberhalbstein nebst Stalla;
Neuer Sammler, II. Band. Chur 1806.
G.W. Roeder u. P.C. von Tscharner. Der Kanton Graubünden. („Gemälde der Schweiz“, 15. Heft). St. Gallen und Bern 1838.
A. Escher v. d. Linth und B. Studer. Geologie von Mittelbünden. Neue Denkschrift  der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft, III, 1839 S. 147.
G. Theobald. Cima da Flix und Piz d’Err. Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubünden, VII, 1862, S. 16.
G. Theobald. Die südöstlichen Gebirge von Graubünden und dem angrenzenden Veltlin. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, Lfg. III. 1866, S. 43, 47, 53.
Pl. Plattner. Geschichte des Bergbaus in der östlichen Schweiz. Chur 1878.
Schwarzenbach. (Analyse von Manganerz aus dem Oberhalbstein). Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft Bern, 1881. Sitz.ber., S. 26.
Ch. Walkmeister. Aus der Geschichte des Bergbaues in den Kantonen Glarus und Graubünden.. Jahresbericht der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft St.Gallen 1887 / 88. (St.Gallen 1889)
Chr. Tarnuzzer. Die Manganerze bei Roffna im Oberhalbstein (Graubünden). Zeitschrift für praktische Geologie, I. 1893, S. 234 – 237.
G. Theobald. Naturbilder aus den rhätischen Alpen, III. Auflage, 1893, S. 134, 136, 139.
Alb. Heim. Die Eisenwerke des Avers und die Manganerze von Oberhalbstein. Eclogae geol. Helvetica, VI, 1900, S. 491.
C. Tarnuzzer, G. Nussbaumer et P. Lorenz. Notice sur quelques gisements métallifères du Canton des Grisons, Coire 1900, S. 23 – 26, 38. Enthalten im Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubünden, Bd. XLIII, 1900. Mit einem Anhang: P. Lorenz, Weitere chemische Analysen. Vgl. S. 46.
Wencelius. Eisen- und Mangangruben der Schweiz. Berg- und Hüttenmänner Zeitung, 1904, Nr. 15.
C. Schmidt. Asphalt, Steinsalz und Erze. Ser. aus „Handwörterbuch der Schweiz. Volkswirtschaft“ etc., Bd. III. 1907, S. 130, 152.
W. Hotz. Die Lagerstätten nutzbarer Mineralien in der Schweiz. Zeitschrift für praktische Geologie, XVII, 1909, S. 34.
F. Zyndel.  Über den Gebirgsbau Mittelbündens. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. Neue Folge XLI. Lfg. 1912. (nur geologisch-tektonisch).
H.P.Cornelius. Petrographishe Untersuchungen in den Bergen zwischen Septimer- und Julierpass.. Neues Jahrbuch für Min. etc., Beil. Bd. XXXV, 1912, S. 374 – 489 (speziell S. 388).
Pater Placidus a Spescha. Sein Leben und seine Schriften. Herausgegeben von Dr. K. Hager und Dr. F. Pieth; Bümpliz-Bern 1913.

Akten des Gemeindearchivs Tinzen.

Beilagen:   2 Tafeln mit geologischen Profilen.

                   1 Karte 1 : 50 000.

Chur und Zürich, den 20. Dezember 1913

Gez.  Dr. P. Arbenz      Dr. Chr. Tarnuzzer