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Von einem der auszog, eine Kluft zu finden
Alles begann im August 2005. Ich arbeitete an einem versteckten, dick
bemoosten Quarzband, das ich talabwärts, schräg gegenüber der Alpenrose
im Habachtal (Pinzgau, Österreich) entdeckt hatte. Es lag in der Nähe eines
viel begangenen Steiges im Bereich der Aussenzone des Naturparks Hohe Tauern und
war in 10 Minuten zu erreichen. Nachdem ich einige Zeit mit Hammer und Meissel
gearbeitet hatte, öffnete sich eine kleine Klufttasche mit
Bergkristall-Scherben. Die grösste mass 70 x 45 x 2 mm und alle
"Scherben" waren als Schwimmer in der Kluftlösung weiter gewachsen und
ringsum auskristallisiert.
Ein böser Schnitt im Finger liess mich innehalten, um mit der anderen
Hand eine Mulde am Fuss des Quarzbandes zu graben, in dem ich rieselndes
Wasser auffangen konnte. Nachdem ich eine grössere Pfütze beisammen
hatte, reinigte ich meine Verletzung.
Den grünen Chloritsand, den ich bei meinen Grabarbeiten zutage förderte,
beachtete ich erst einmal nicht, so sehr beschäftigte mich mein Finger.
Nach dem Verbinden der Wunde und Abstieg ins Tal war der Tag für mich zu
Ende und leider auch der einwöchige Urlaub.
Erst auf der Rückfahrt fiel es mir wie Schuppen von den Augen. An dem
gestrigen Quarzband zeigten sich viele bekannte Kluftanzeichen:
Kristalline Kavernen im Band, senkrechtes Band zur querenden
Gesteinsschichtung, ringsum ausgelaugter Fels, eine Andeutung von einem
Satz unterhalb des Bandes und nicht zuletzt reichlich Chlorit am unteren
Ende des Quarz-Bandes.
Meinem Urlaub im nächsten Jahr sah ich daher mit Spannung entgegen.
Es ging weiter im Juni 2006. Ich stand wieder vor dem Quarzband.
Die Pfütze gab es noch und hatte sicher als Tränke für das Wild gute
Dienste geleistet, was umherliegende "Wildknödel" bewiesen.
An dieser Stelle setzte ich nun meinen Meissel an. Nach halbstündiger
Arbeit fiel der Meissel durch. Vorsichtig erweiterte ich das Loch, um
hineinzugreifen. Meine Finger bekamen sozusagen Stielaugen von dem, was
ich dort ertastete. Ringsum, soweit ich fühlen konnte, waren Kristallflächen
an den Kluftwänden. Am Boden lag viel loses Material. Ich zog ein grösseres
Stück heraus und hatte einen 18 cm langen, leicht rauchigen Bergkristall von
ungewöhnlicher Ausbildung (lang und spitz) in der Hand. Er war ringsum
auskristallisiert - ein so genannter Schwimmer.
So schwer es auch fiel, eine Pause war angesagt, um die Emotionen
herunterzufahren und das weitere Vorgehen zu überdenken.
In der nächsten Stunde öffnete ich vorsichtig die Kluftöffnung auf 40 x 40 cm
und konnte immer mehr Stufen und Schwimmer neben mir ablegen. 120 cm zog sich
diese Kluft in den Berg hinein.
Einem Kluftabzweig, im vorderen Teil nach oben, folgte ich mit der Hand, konnte
aber das Ende nicht erreichen.
Hier begann ich am nächsten Tag das Quarzband seitlich und 60 cm oberhalb der
Kluftöffnung zu bearbeiten, um diese Klufttasche von oben zu erreichen.
Der Quarz war unwahrscheinlich kompakt und zäh. Nach einer Stunde harter
Arbeit und zweier stumpfer Meissel war ich nicht wesentlich weiter gekommen.
20 cm oberhalb meiner Arbeitsstelle ragte eine kleine Wurzel aus einer 2 cm
grossen, erdigen Stelle im Quarzband heraus.
Einige wenige Schläge mit dem Hammer - und ich öffnete die nächste Kluft.
Herzklopfen! Nachdem ich die Öffnung vorsichtig erweitert hatte, fielen
mir die Stufen schon entgegen. In dieser Kluft, die mit Kluft 1 nicht in
Zusammenhang stand, lagen schöne Adular-Schwimmer, auf denen ich viel Pyrit
sitzen sah. Die meisten der Kristalle und Stufen waren als Schwimmer
ausgebildet. Diese Kluft, letztlich 50 cm tief, ragte schräg ca. 100 cm,
mit einigen Abzweigungen, in die Höhe. An den beiden Klüften arbeitete ich 2
Tage. Am dritten Tag wollte ich die Begeisterung an meinem Fund mit jemandem
teilen und sprach einen Bekannten an, den ich im Vorjahr "kennen gelernt" hatte,
mit mir einen Tag die Klüfte zu bearbeiten. Mein Vorschlag: Alle Funde des
Tages werden geteilt, Zug um Zug. Dabei stand mir das beste Stück als Entdecker
der Klüfte zu. Ab dem folgenden Tag sollte die Fundstelle für ihn tabu sein,
da ich zwei Freunde aus Wien in den nächsten Tagen erwartete. Mit ihnen wollte
ich an den Klüften weiterarbeiten. Der Bekannte versprach, sich an diese
Regelung zu halten (Zitat: kein noch so grosser Fund ist den Bruch einer
Freundschaft wert).
Mit meinen Freunden arbeitete ich dann einige Tage später weiter an dem höffigen
Quarzband. Und zwar dort, wo es rechts im Boden verschwand, gruben wir nach und
wurden fündig. Wieder war eine Wurzel der Wegweiser zu einer Kluft. Die dritte
und vierte Kluft lagen dicht beisammen. Kluft 3 enthielt langprismatische,
wasserklare Bergkristalle in üblicher Tracht aber kein Pyrit und war 20 x 20 x 30 cm
gross. Kluft 4 beinhaltete wieder, wie Kluft 1, viele "verrückte" Quarze als Schwimmer
und hatte die Ausmasse von 35 x 35 x 60 cm.
Am nächsten Tag ging mein Urlaub zu Ende. Ich sass noch etwas bei den 4 Klüften
und hielt stille Zwiesprache mit der Natur und den Bergen und bedankte mich für
den aussergewöhnlichen Fund.
Christoph fand am nächsten Tag noch eine kleine Kluft mit einigen schönen Stufen.
Da auch sein Urlaub zu Ende ging, belegte er die Fundstelle mit Werkzeugen, um zu
zeigen, dass sie noch von uns bearbeitet wird. In der Hoffnung, dass diese Regelung
allgemein beachtet wird, gings heimwärts.
Wir verabredeten uns für August, um die Klüfte weiter zu bearbeiten. An den
Kluftwänden war noch eine Fülle von grösseren Kristallen übrig geblieben.
Im August konnte ich aber leider aus beruflichen Gründen nicht mit ins Habachtal
und verschob meinen zweiten, Besuch auf den September.
Christoph war aber Ende August wieder vor Ort - sprich an unseren Klüften und
staunte nicht schlecht, meinen Bekannten von letztem Jahr in Begleitung einer
weiteren Person bei Kluftarbeit mit schwerem Werkzeug vorzufinden, ganz
entgegen unserer Absprache.
Sie haben wohl die Klüfte weiter ausgeräumt, und Christoph hatte Mühe, nebenan
suchen zu dürfen. Unser Werkzeug war von ihnen entfernt worden.
Die Gier hat wohl gesiegt. Meinen geplanten Urlaub im September habe ich
daraufhin enttäuscht abgesagt.
Die vier (bzw. fünf) Klüfte haben hunderte Schwimmerstufen bis zu 19 cm Länge
enthalten. Einige schöne Stufen konnte ich beim Öffnen der Klüfte bergen.
Viele der Kristalle und Stufen sind mit Pyrit besetzt.
Ein Sammlertraum ist in Erfüllung gegangen.
Es liess mir dann doch keine Ruhe!
Kurzfristig beschlossen, fuhr ich noch einmal alleine am 13. Oktober ins Habachtal.
Bei Kaiserwetter kam ich Freitagsmorgen an.
Zu dieser Zeit ist das Tal bereits weitgehend verlassen. Nur die Alpenrose
wurde winterfest gemacht. Mir stand eine recht komfortable, private Unterkunft
zur Verfügung. Die Wasserturbine, die das obere Tal mit Strom versorgt, sollte
auch noch nicht abgeschaltet werden, solange ich im Tal war.
Mittags bin ich dann zur Fundstelle aufgestiegen.
Auf den ersten Blick sah die Situation vor Ort nicht ganz so schlimm aus. Die
Klüfte waren zwar weiter geöffnet und ausgeräumt, aber im oberen, engeren Teil
noch vorhanden. Was ich aber auf den zweiten Blick, auch mit Hilfe der Digitalkamera,
durch die ich Aufnahmen an unzugänglichen Stellen in der Kluft machte sehen konnte,
viele Kristalle an den Wänden waren beschädigt. Hier hatte wohl jemand versucht,
die Kristalle mit grobem Werkzeug blind heraus zu brechen.
Ich arbeitete dann doch lieber weiter im anstehenden Fels zwischen Kluft 2 und 3.
Und der Erfolg gab mir Recht. Hier öffnete sich nach einiger Zeit eine weitere Kluft.
Diese 5te Kluft - 20 x 35 x 20 cm gross - enthielt wenige, aber dafür sehr schöne,
meist vollkommen wasserklare, rauchfarbige Zapfen bis zu einer Länge von 12 cm.
Auch einige schöne Stufen konnte ich bergen.
Die Mehrzahl der Stufen und Einzelkristalle aus den 5(6) Klüften bestehen aus einem
hellen Rauchquarz.
Dieses Quarzband hat bisher die unwahrscheinliche Zahl von 6 Klüften freigegeben.
Vor der ersten Kluft baute ich dann einen Damm, um das Kluftwasser aufzufangen.
Hier entstand in den nächsten Tagen ein wassergefülltes Becken. Ich hoffe, das
zukünftige Stoasucher dieses Becken so belassen, da es im weiteren Umkreis
ansonsten kein Wasser für das Wild gibt.
Auf Grund der grossen Fülle von Schwimmerstufen und perfekt ausgeheilten
Bruchstücken am Boden der Klüfte, dazu der komplette Überzug der Wände
mit weiteren Kristallen lässt vermuten, dass dieses Quarzband und damit
die Klüfte eine turbulente Vergangenheit hatte.
Paragenese der Klüfte 1-5:
Kluft 1 - Bergkristall/Rauchquarz, Pyrit, Calcit und Chlorit
Kluft 2 - Bergkristall/Rauchquarz, Adular, Pyrit, Calcit, Chlorit
Kluft 3 - langprismatische Bergkristalle/Rauchquarz (Durchmesser zur Länge im Verhältnis bis 1:7)
Kluft 4 - Wie Kluft 1
Kluft 5 - Bergkristall/Rauchquarz
Dieser Bericht erscheint mit anderen Kristallbildern
voraussichtlich in der Juni Nummer 2007
auch in der Zeitschrift "Lapis".
Anschrift:
Hans-Joachim Larghi
Römerstraße 20
D-41366 Schwalmtal/Waldniel
Email: larghi@larghi.de
Die Bilder:
Die Bilder hat Achim Larghi alle selber gemacht und freundlicherweise hier zur Verfügung gestellt!
Legende:
L=Länge, B=Breite, H=Höhe, KL=Länge Kristall, BB=Bildbreite.
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Letzte Änderung dieser Seite: 03.11.2020 00:58:20
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