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Aus der Sammlung Hans Meister
Es war Ende Juli 1997. Christian und ich waren beim Aufstieg durch ein
Couloir im Strahlengebiet des Bedrettotals. An diesem heissen Sonntag
waren wir ganz froh, den Schatten vor der aufgehenden Sonne geniessen zu
können. Oberhalb des Couloirs auf einem Bödeli gabs, da der
Magen schon knurrte, eine Znünirast. Meine Augen gleiteten wie
immer einer nahgelegenen Felswand entlang und ich sagte meinem Kollegen:
"Sieh mal die grosse Krähe auf dem Felssatz" - doch schon
bald erkannten wir sie als jungen, bald flugfähigen Adler. Vorsichtig
schaute ich immer wieder zum Himmel, da ich nicht mit einer
plötzlichen Überraschung konfrontiert werden wollte. Christian
und ich zogen weiter auf der Suche den Tessinerkristallen, die sich
heute versteckt verhielten.
Mit der Videokamera besuchte ich eine Woche später den Horst. Das
Junge war ausgeflogen und hinterliess mir dafür eine Feder. Im
darauf folgenden Jahr blieb der Horst leer. Vom Wildhüter lernte
ich, dass die Adler nur alle 3-4 Jahre ein Junges hätten. Es scheint
unglaublich, das Adlerpaar weiss genau, dass Sie unser dasein nicht
fürchten müssen. Einmal sass ein Elterteil ganz nah vor mir
auf einer Felsnase und schaute mir gemächlich zu. Es war
beeindruckend wie der Adler im Zeitlupentempo seine breiten Flügel
anhob, die Federn spreitzte und sich mit dem im Federkleid gehaltenen
Wind in die Lüfte schwang. Schade um meine Videokamera zu Hause. In
den folgenden 3 Jahren hatten wir mit den Adlern noch manch
schönes Erlebnis.
Es war der 28. Mai 2001. Die ganze rechte Seite dieser Alp war noch tief
eingeschneit. Mit einem anderen Kollegen stieg ich wiederum hinauf in
unser Strahlergebiet. Da kam die Überraschung. Im Horst lag ein
kleines hellgrau-weisses Knäuel. Die Freude war riesengross und
auch das Junge drehte bereits den Kopf zu uns. Diesmal surrte meine
Kamera und der Fotoaparat - leider war die Distanz zu gross um das Junge
bildfüllend ablichten zu können - Tierfotografie ist eine schwierige Sache...
Später gelang es uns eine kleinere Kluft
zu öffnen mit einigen schönen Tessinerquarzen.
Am 4. Juli 2001 seilte sich Christian in eine Wand ein, das Sichern
übernahm ich. Immer wenn Christian 30-70 Meter unter mir ist, so
komisch ruhig und das Seil länger ruhig bleibt, weiss ich, dass er etwas
gefunden hat. Es dauerte fast 3 Stunden bis er mit schönen
Kristallen wieder herauf kam. Auch mein Hinterteil hat sich bemerkbar
gemacht. Wiederrum überraschte mich der Adler, vom Horst herkommend
überflog er meinen Kopf nur gerade in zirka 10 Meter Höhe. Ich
erschrack ganz schön, da die Federn im Flugwind rauschten wie das
zirren bei einem nahen Segelflugzeug. Beim Abstieg besuchten wir das
Junge, das in der Zwischenzeit schon ganz schön dunkel geworden
war. Als wir im August nochmals Filmen wollten, war der Horst leer.
Später, an diesem Tage war ich allein, hatte ich das Glück den
Adler, wie er sein Junges auf der Jagd schulte, zu beobachten. Ein paar
Mal glaubte ich, das Junge stürze sich in eine Lerche oder eine
Felskrete. Die "Murmelis" bedankten dies mit lauter Pfiffen.
Im Oktober öffnete sich mir bei wunderbarem Wetter eine neue Kluft,
die nur mit dem Häklein zu bearbeiten war. Schöne Spitzen und
Stufen durfte ich mit Christian teilen. Ein Jahr voller
Schönheiten, die wir mit den Adlern und Kristallen teilen konnten,
ging langsam dem Winter entgegen.
H. Meister
Anschrift:
Hans Meister
Die Bilder:
Hans Meister hat einige seiner schönsten Stufen selber fotografiert und
stellt sie uns allen in den folgenden Bildern vor.
Legende:
L=Länge, B=Breite, H=Höhe, KL=Länge Kristall, BB=Bildbreite, F=Fundort
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Letzte Änderung dieser Seite: 03.11.2020 00:58:20
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